Ab dem ersten Mai-Wochenende wird es für die Brieftaubenzüchter der Unterfränkischen Reisevereinigung Aschaffenburg-Alzenau-Spessart 1909 eV, kurz „Die Unterfränkische“ genannt, spannend. Dann beginnt Reisesaison für Brieftauben wieder. An den Wochenenden bis September stellen die gefiederten Sportler ihren Orientierungssinn und ihre Schnelligkeit unter Beweis. Nach vier Trainingsflügen aus kürzeren Entfernungen, die wie bei jedem Sportler dem Aufbau der Kondition dienen, findet der erste Distanzflug am 06. Mai vom 195 km Luftlinie entfernten Merzig statt. Ein Spezial-LKW, der sogenannte Kabinenexpress, transportiert dann rund 2.000 Brieftauben der RV zum Auflassplatz. Zielsicher kehren die Tauben mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 80 km/h, bei Rückenwind sogar über 100 km/h, zum heimatlichen Taubenschlag zurück. Im weiteren Verlauf der Reisesaison erhöhen die Züchter schrittweise die Entfernungen. Die ein- und mehrjährigen Alttauben absolvieren insgesamt 13 Preisflüge. Ab August gehen anschließend die Jungtauben auf die Reise. Als Anfänger absolvieren diese lediglich an 5 Wochenenden Flüge von 80 bis 350 Kilometern.
In der „Unterfränkischen“ sind Taubenzüchter aus Aschaffenburg und den umliegenden Orten der Region organisiert. Die über 50 Mitglieder unterhalten sowohl in Alzenau als auch in Sulzbach je eine Einsatzstelle, in der die Tauben zu den Flügen eingesetzt werden. Die besten und schnellsten Tauben aller Züchter errechnen sich über die Fluggeschwindigkeit in Metern pro Minute. Sie ergibt sich aus der Auflasszeit, der Ankunftszeit und der geflogenen Strecke. Die unterschiedlichen Entfernungen der einzelnen Taubenschläge vom Auflassort werden anhand der (GPS-) Koordination jedes einzelnen Schlages berücksichtigt. Ein elektronisches Konstatiersystem stoppt die Ankunftszeitzeit automatisch. An jedem Schlag befindet sich eine Antenne. Die Tauben tragen an einem Bein einen speziellen Fußring mit einem elektronischen Chip. Fliegen sie ein, werden Datum, Zeit und Nummer der Tauben erfasst. Die Daten aller am Preisflug teilnehmenden Züchter wertet anschließend ein Verrechner aus und erstellt dann eine sogenannte Preisliste, in der die ersten 33 Prozent der eingesetzten Tauben aufgeführt werden.
Das Wetter ist grundlegend für jeden Start der Tauben. Die RV hat einen Flugleiter, der vom Verband Deutscher Brieftaubenzüchter und dem Deutschen Wetterdienst geschult ist. Nach einer mehrstündigen Ruhephase für die Tauben am Auflassort bestimmt er den geeigneten Zeitpunkt des Starts. Vorab informiert er sich über die Wetterlage auf der gesamten Strecke. Bei ungünstigem Wetter bleibt der Kabinenexpress geschlossen.